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Die maschinelle Landwirtschaft

(09.09.2012) Würdest Du mit Deinem Auto über Dein Beet fahren? Sicher nicht, magst Du sagen ? allerdings funktioniert die gängige Landwirtschaft exakt so ? mit schwersten Maschinen über Äcker fahren. Ob Beet oder Acker, das was im Boden und darüber abläuft ist aber immer das selbe ? das hat mit dem Namen, dem wir einer bestimmten Fläche Boden geben, nichts zu tun - von Experiment Selbstversorgung.

So unnatürlich war noch nie, was wir Natur nennen

Ja, der Boden ist wohl der erste Punkt, über den ich heute im Zusammenhang mit einer industrialisierten Landwirtschaft schreiben möchte. Es ist gerade mal 100 Jahre her, dass die ersten Maschinen in der Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte Einzug fanden ? und nur 60 Jahre, dass sich der Traktor in Europa verbreitet hat. Vor deutlich weniger als einer Lebensspanne (also 1950 und damit kurz vor der massiven Verbreitung des Traktors) arbeitete noch ein Viertel der Beschäftigten in der Landwirtschaft. Eine Lebensspanne davor noch deutlich mehr. Heute sind es in Deutschland rund 2 Prozent, in den USA weniger als 1 Prozent. Dies wurde maßgeblich durch Maschinen ermöglicht.

Präzise gesagt schreibe ich also über die maschinelle Landwirtschaft und deren Gegenpol.

Peak Soil

Wir bekommen in den letzten Jahren immer öfter zu hören, dass es einen Peak Oil geben wird, ab dem das Öl immer teuer werden wird und unsere ganze Wirtschaft, die auf Öl aufgebaut wurde, ins Wanken geraten könnte. Über was wir aber sehr wenig bis garnichts hören ist Peak Soil. Das Problem, dass wir eines Tages nicht mehr genug fruchtbare und nutzbare Flächen haben werden. Und das nicht nur, weil wir wie im Falle des Öls mehr und mehr Flächen verbrauchen, sondern weil ? ebenso wie im Falle des Öls ? die Menge der fruchtbaren Böden auch abnimmt. Und im Unterschied zum Ende des Öls werden wir nicht einfach etwas anderes erfinden oder unseren Lebensstandard ein wenig senken könnnen.

Dieser Verlust an fruchtbarem Boden hat verschiedene Ursachen. Alleine in Deutschland werden laut der Bundeszentrale für politische Bildung 12 Quadratmeter fruchtbares Land pro Sekunde verbaut ? und dabei überwiegend komplett versiegelt. Eine der größten Quellen des Bodenverlusts aber sind Wasser- und Winderosion. Erosion ist das Abtragen fruchtbarer Erde durch verschiedene Kräfte ? hauptsächlich eben Wind und Wasser. In Deutschland werden durch die Erosion jährlich acht bis zehn Tonnen fruchtbarer Erde pro Hektar abgetragen. Dies ist also vier- bis fünfmal so viel, wie der Boden bei optimalen Bedingungen neu bilden kann.

Die Gefährdung durch Winderosion wird durch zwei Dinge maßgeblich beeinflusst: Windoffenheit und Bodenbedeckung. Besonders relevant für die Gefährdung durch die Wassererosion ist wiederum die Bodenbedeckung.

Um eine Bodenbedeckung sicherzustellen, die durchgehend über 50 % liegt, wäre also ein Anbau unserer landwirtschaftlichen Produkte in Mischkultur ideal. Damit würde, richtige Planung vorausgesetzt, der Boden ständig mit den ein oder anderen Pflanzen bedeckt sein, während in deren Schutz die nächsten Pflanzen heranwachsen würden. Zuerst würden also Pflanzen wachsen, die im Frühjahr rasch den Boden bedecken, wie zum Beispiel Spinat. Zwischen dem Spinat würden dann die Sommer-Pflanzen heranwachsen, die dann im Lauf der Zeit den Platz des Spinats einnehmen und später im Jahr von den Herbstkulturen abgelöst werden. Alles fließend, sich zeitlich überschneidend, Hand in Hand. Eine zusätzliche Bedeckung des Bodens mit Mulch zwischen den Pflanzen und sogenannter Gründüngung, also Pflanzen, die den Boden über den späteren Herbst und Winter, sowie im zeitigen Frühjahr nicht bedecken, sondern idealerweise auch das Bodenleben ernähren und Nährstoffe anreichern, sorgen dafür, dass der Boden das ganze Jahr geschützt ist.

Die Windoffenheit wäre am einfachsten mit kleinstrukturierter Landwirtschaft beseitigt. Wären die einzelnen bewirtschafteten Flächen noch verhältnismäßig klein und nach außen mit Büschen und ein paar Bäumen abgegrenzt, hätte der Wind keine Chance, dicht über dem Boden hinwegzufegen. Das sogenannte ?Windfeld?, also der zügig dahinziehende Wind, würde über die Barrieren aus Büschen und Bäumen gehoben. Auf Bodenhöhe gäbe es also nur noch Verwirblungen, die nahezu kein Erosionspotential mehr haben. Auch große Flächen könnte man so unterteilen.

Mit maschineller Landwirtschaft ist aber beides nicht möglich. Die Einführung des Traktors hat zum Absterben zahlreicher Bauernhöfe geführt, denn Maschinen lohnen sich wirtschaftlich erst ab einer bestimmten Betriebsgröße. Dadurch wuchsen die überlebenden Betriebe an ? es wurden landwirtschaftliche Flächen zusammengelegt ? und damit eine Bearbeitung mit großen Landmaschinen erst möglich wird, die ?störenden? Hecken, Büsche und Bäume entfernt. Das Ergebnis sind große Flächen auf denen in Monokultur statt Mischkultur angebaut wird und auf die Wind und Wasser schutzlos einwirken können. Besonders nach der Ernte im Herbst liegen Monokulturen mehrere Wochen ?nackt? da ? gerade zu der Jahreszeit, in der die stärksten Winde und der meiste Regenfall auftreten.

Leider sind diese großen Monokulturflächen nicht nur Folge der maschinellen Landwirtschaft, sondern auch deren Voraussetzung. Jede Technik und Entwicklung, die großen Schaden anrichtet ? und als solches sehe ich die Zerstörung unserer Böden an ? sollte gut hinterfragt werden, denn eine langfristig lebenserhaltende Gesellschaft ist so nicht möglich.

Mit zig Tonnen übers Feld

Und ein weiterer Faktor sollte näher betrachtet werden. Traktoren und andere schwere Landmaschinen führen zur Verdichtung des Bodens. Durch das Gewicht der Maschinen wird Druck auf den Boden ausgeübt. Je nach Beschaffenheit des Bodens wird diesem Bodendruck ein gewisser Gegendruck entgegengebracht. Der Teil des Bodendrucks, der durch die Maschine ausgeübt wird, der nicht vom Boden durch Gegendruck aufgehoben werden kann, führt zur Deformation des Bodens. Er wird zusammengedrückt und verdichtet.

Die Folge ist eine verringerte Speicherfähigkeit für Wasser des Bodens, denn das Wasser wird in den Leerräumen zwischen den einzelnen Erdkrümeln gehalten. Wenn diese Leerräume aber nicht mehr da sind, da der Boden verdichtet wurde, kann dort auch kein Wasser gespeichert werden. Ist ein Boden nicht nur oberflächlich verdichtet, kann es sogar dazu führen, dass die Fähigkeit des Bodens, Wasser aus der Tiefe zu den oberflächlicheren Wurzeln zu transportieren (Kapillarität), abnimmt oder sogar verloren geht. Da schwere Landmaschinen ihre Drücke fast bis in einen Meter Tiefe in den Boden ableiten, ist dies kein Schreckensszenario.

Verdichter Boden ist darüber hinaus anfälliger für Wassererosion, da er Wasser nicht mehr aufnimmt. Somit erhöht sich durch verdichtete Böden die Wahrscheinlichkeit, dass fruchtbare Erde in der obersten Schicht weg gespült wird.

Klar, viele gehen davon aus, dass durch das Pflügen der Boden sowieso wieder aufgelockert wird. Dabei wird aber vor allem das Bodenleben massiv gestört. Dadurch arbeitet dieses weniger, was eine schlechtere Bodenstruktur zur Folge hat. Und diese ist dann wiederum anfälliger für Bodenverdichtung. Du erkennst den Teufelskreis?

Es wird zwar einiges versucht, dieses Problem zu verringern ? sowohl technisch durch bessere Reifen als auch in der Weiterbildung und Aufklärung der Landwirte (z.B. Luftdruck der Reifen auf dem Feld verringern) ? aber die Aussicht auf Erfolg ist gering. Denn zum Einen kann maximal leider nur eine Verringerung der oben beschriebenen Effekte erreicht werden. Eine Vermeidung der Bodenverdichtung wird mit Landmaschinen nicht funktionieren. Zum Anderen achten nach Untersuchungen von LK Münster und top agrar 75% der Landwirte nicht auf Bodendrücke und damit einhergehende Bodenverdichtungen.

Auch hier liegt der Schluss nah, lieber mit 80 Kilogramm Lebendgewicht die Erde zu betreten, als mit bis zu 60 Tonnen darüber zu fahren.

Handarbeit statt Maschinen

Oft verlassen wir uns in unserem Urteil darauf, was wir halt schon immer gemacht haben ? oder was eben alle so machen. Da die maschinelle Landwirtschaft ja noch sehr jung ist, gilt in diesem Fall das erste Argument schon mal nicht. ;) ?Was eben alle so machen? hat oft überwiegend mit Bequemlichkeit, Unkenntnis der Alternativen und kurzfristigen, ökonomischen Betrachtungen zu tun.

Eine fundierte Entscheidung darüber, was langfristig lebenserhaltend ist ? und das ist zumindest für mich die Maßgabe ? kann daher nicht einfach so aus dem Bauch heraus getroffen werden. Wenn wir also die Umwelt nicht mehr schädigen wollen als nötig, dann sollten wir hauptsächlich Flächenbedarf und Energieaufwand betrachten.

Die maschinelle Landwirtschaft führt tatsächlich zu einer effizienteren Landnutzung. Zumindest, wenn man den Ertrag pro Hektar als Maßstab nimmt. Betrachtet man aber zusätzlich, welches Leben parallel zur Landnutzung möglich ist, wenn es kleinstrukturiert und unter Einbeziehung von Hecken, Büschen und Bäumen geschieht, so ist dieser Effizienzgewinn pro Hektar sehr relativ ? zumindest wenn in die Betrachtung wild lebende Tiere und die Bodenlebewesen mit einbezogen werden.

Viel deutlicher, und zwar in zwei Richtungen, ist der Unterschied allerdings beim Energieaufwand. Was mich interessiert, ist ja eine traditionelle Landwirtschaft ? also ohne Maschinen, ohne Dünger, ohne Pestizide oder Fungizide, usw. All dies ist aber in einer maschinellen Landwirtschaft notwendig, denn Monokulturen auf großen, ungeschützten Flächen eben ständig verschiedensten ?Gefahren? ausgesetzt sind, gegen die sie geschützt werden und den Boden sehr stark beanspruchen.

Im Lehrbuch ?Ökologie? von Thomas und Robert Smith habe ich auf Seite 794 dankenswerterweise die Daten einer Untersuchung gefunden, die exakt diese beiden Wirtschaftsweisen gegenüberstellt. Also auf der einen Seite die traditionelle Form mit Handarbeit und auf der anderen Seite die hochtechnisierte Variante. Es wurde am Beispiel Mais sowohl der Ertrag pro Hektar betrachtet, welcher Energieertrag das ist und welcher Energieaufwand dafür nötig war. Daraus lässt sich sehr simpel errechnen, wie viele kcal Nahrungsmittel pro aufgewendeter kcal an Energie erzeugt wurden.

Die traditionelle Methode verbraucht bei menschlicher Arbeitskraft ein vielfaches der modernen Methode. Fast 600.000 kcal pro Hektar gegenüber rund 5.200 kcal. Ebenso wird für Geräte und Werkzeuge, die in der modernen Methode nicht mehr exisiteren, 16.500 Kalorien aufgewendet. Die moderne Variante ?punktet? dafür in vielen Bereichen, die in der traditionellen gar nicht vorkommen. Ein Ausschnitt:

- Maschinen: 1.018.000 kcal/ha
- Benzin und Dieselöl: 1.255.000 kcal/ha
- Stickstoff: 3.192.000 kcal/ha

Nach einem Jahr wurde auf einem Hektar Fläche mit der alten Methode 2 Tonnen Ertrag erwirtschaftet ? mit der modernen Variante 7 Tonnen. In Summe wendet die traditionelle Landwirtschaft dafür in dieser Untersuchung etwas mehr als 640.000 kcal auf. Die technisierte Landwirtschaft etwas über 11.000.000 kcal.

Pro eingesetzter kcal wurden bei der intensivlandwirtschaftlichen Methode 2,85 kcal produziert, bei der traditionellen 13,62 ? also deutlich mehr!

Betrachtet man nun ausschließlich den Energieaufwand, so ist es sehr einfach, welche Methode die effizientere ist. Allerdings hat sie auch einen 3,5 mal so hohen Platzbedarf. Bedenkt man allerdings, dass zur Erzeugung der aufgewendeten Energie und bei der Anwendung der verschiedenen Dinge Abgase und andere Umweltbelastungen entstehen, so ist schnell klar, dass wir umso mehr ?Ausgleichsflächen? zum Abbau des dadurch entstandenen Abfalls und zur Bindung der dadurch entstehenden Gase brauchen. Und da der Energieaufwand in dem Beispiel eben mehr als 17 mal so hoch ist, benötigt es auch mehr als 17 mal so viele Ausgleichsflächen.

Mein persönliches Fazit

Da wir zumindest an die nächsten zwei bis drei Generationen denken sollten (besser an die nächsten sieben, wie das bei zahlreichen nordamerikanischen Indianerstämmen der Fall war) bin ich überzeugt, dass wir als Gesellschaft einen Weg gehen sollten, der diesen Planeten langfristig am Leben erhält. Und nicht nur das. Unsere Handlungen und deren Folgen sollten auch keine Verschlechterung der Situation erwirken. Daher sollten wir bezogen auf die Nahrungsproduktion mit möglichst geringem Energieaufwand und möglichst bodenschonend arbeiten. Mit den heute üblichen Landmaschinen ist dies schon rein wissenschaftlich nicht möglich. Um wieder anders zu wirtschaften, müssten aber wieder mehr Menschen in der Landwirtschaft arbeiten. Dieses hin zur Natur ? hin zum Boden ? sollte einfach wieder für viel mehr Menschen natürlich, befreiend und auch möglich sein.

Eine Landwirtschaft, so weit wie nur möglich ohne Maschinen, kleinstrukturiert und bodenfördernd, ist das wichtigste Ziel, wenn es um unsere Lebensmittel geht. Denn andere Varianten können vielleicht im Moment pro Hektar mehr erzeugen ? sorgen aber langfristig dafür, dass wir immer weniger erzeugen können.



Von Michael Hartl, Experiment Selbstversorgung

 

Lesen Sie hierzu auch: Der Krameterhof von Sepp Holzer aus der Rubrik Wissen.

 

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