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Die neue Kraft des Wassers

(25.11.2015) Für große Wasserkraftwerke bietet Deutschland kaum noch Platz. Dabei sind sie eine wertvolle erneuerbare Stromquelle. Warum also nicht eine Nummer kleiner? - Aus der Technology Review 08/2015

Das Walliseller Wasserrad, gezeigt im SRF Schweiz Aktuell

Die Werkstatt von Fabio Guidi sieht aus wie ein Kinderzimmer: Modelle, Bilder, Spielzeug und Puppen – in allen Ecken, auf Tischen und Regalen. Auf die Frage "Spielen denn Ihre Kinder oft hier?" antwortet sein mit 48 Jahren immerhin sehr erwachsener Sozius Urs Wiskemann: "Wir sind selbst die Kindsköpfe." Der gelernte Landwirt und Gärtner betreibt zusammen mit dem Maschinenbau-Ingenieur Guidi die Firma Motorsänger in Männedorf am Zürichsee. Ihr Hauptgeschäft sind denn auch: Kinderspielplätze.

Wasserräder sind ihr zweites Standbein, schon als Kind bastelte Guidi sie im Kleinformat. Als er größer wurde, wuchsen auch die Wasserräder. Das erste große Modell baute er mit seinem späteren Sozius Urs bei den Pfadfindern. Irgendwann wurde der Spaß ein wenig ernster, Stromversorger klopften bei dem Duo an. 2009 etwa errichteten die beiden ein entsprechendes Kraftwerk für die Herzogenmühle Wasserkraft AG, ein Joint Venture des Elektrizitätswerks "Die Werke" in Wallisellen bei Zürich mit der am Flüsschen Glatt gelegenen Schlosserei Krismer.

Eigentlich wollte der Schlosser eine Turbine installieren. Aber Guidi überzeugte ihn, dass ein Wasserrad deutlich günstiger sei. Nun drehen sich gemächlich 32 Schaufeln aus verzinktem Stahlblech um die eigene Achse. Fünf Tonnen wiegt die Konstruktion. 1000 Liter Wasser fließen pro Sekunde durch einen Kanal und fallen aus 2,60 Meter Höhe auf das Wasserrad. Mit einer installierten Leistung von 17 Kilowatt erzeugt es pro Jahr etwa 140000 Kilowattstunden Strom. Dieser wird ins Netz eingespeist und reicht für 30 bis 40 Haushalte. Anfang 2015 entstand ein kleineres. Weitere ähnliche Projekte sind in Planung.

Zehntausende Wasserräder gab es einst in Deutschland: in jedem Dorf, um Schmiedehämmer, Sägen oder Mühlen zu bewegen. Auch an der Glatt nutzte eine Weberei vor 200 Jahren die Fließenergie. Später produzierten Wasserräder statt mechanischer Energie mithilfe von Generatoren elektrische. Doch mit der Zeit reichte die gelieferte Energie nicht mehr für den stetig wachsenden Maschinenpark der Fabriken. Die Elektrizität kam fortan aus Großkraftwerken, die meisten Wasserräder verschwanden.

Nun aber leben sie wieder auf. Denn für die konventionelle Wasserkraft mit ihren gigantischen Wehren oder Pumpspeicherseen ist hierzulande kaum noch Platz. Sie ökologisch vertretbar zu bauen ist nahezu unmöglich. Wasserräder erzeugen nach wie vor zwar nur vergleichsweise geringe Mengen Strom – den aber ohne CO2-Emissionen, sehr zuverlässig und ohne viel Wartungsaufwand. Wasserkraft ist somit nicht nur grundlastfähig, sondern kann auch zur Abdeckung von Spitzenlasten dienen.

Nach einer Hochrechnung des internationalen Fachverbands "Small Hydropower World" könnten in Deutschland bis 2020 rund 7800 Kleinwasserkraftanlagen (bis zu fünf Megawatt) mit einer Gesamtleistung von 1830 Megawatt (MW) installiert sein – etwa 300 mehr als jetzt. Sie sollen voraussichtlich 8600 Gigawattstunden (GWh) Energie pro Jahr produzieren. In Österreich rechnet der Fachverband mit 2870 Kleinwasserkraftanlagen statt 2590 (hier mit zwei bis zehn Megawatt definiert), einer Gesamtleistung von 1300 MW und 6050 GWh produzierter Energie. Der Wirkungsgrad von Kleinwasserkraftwerken ist zwar schlechter als bei Turbinen. Doch durch neue Fertigungstechniken, niedrigere Baukosten und stetig verbessertes Design lassen sich die Anlagen durchaus wirtschaftlich betreiben. Fabio Guidi beispielsweise konstruiert zunächst eine Modellanlage. Mit ihr feilt er geduldig an der Form der Schaufeln, dem Wassereinlaufwinkel und dem Wirkungsgrad. "So kann ich ohne viel Aufwand die wichtigen Parameter optimieren und muss nicht ans reale Rad." Beim Walliseller Wasserrad etwa "lagen die Abweichungen zwischen Modell und realer Konstruktion gerade mal bei ein bis zwei Prozent".

Die Renaissance der Wasserräder ist auch in der Wissenschaft angekommen. Von 2010 bis 2012 spannte das EU-Forschungsprojekt Hylow 13 Universitäten und Unternehmen zusammen, um unter anderem Kleinwasserkraftwerke zu entwickeln. "Hylows Motivation war die dezentrale Wasserkraftnutzung in Entwicklungs- oder Schwellenländern, wo es keine breitflächigen Stromnetze gibt", sagt Boris Lehmann vom beteiligten Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft der TU Darmstadt.

Die Forscher entwickelten herkömmliche Wasserräder maßgeblich weiter: Sie reduzierten die Zahl der Schaufeln, verbesserten dafür ihre Form und verwendeten eine speziell gestal-tete Radnabe. Das Wasserdruckmaschine getaufte Kraftwerk erreichte auf diese Weise einen Wirkungsgrad von über 70 Prozent. "Die Technik kann auch von Leuten mit wenig Technik-Know-how ohne großen Aufwand gebaut und betrieben werden", versichert Lehmann. Neben dem Pilotstandort im Odenwald steht ein Modell auch an einem Gewässer in Rumänien.

Darüber hinaus entwickelten die Hylow-Partner auch eine schwimmende Variante. Diese sogenannte Strömungsdruckmaschine ist im Prinzip ein Wasserrad mit Schwimmkörpern. Am Boden verankert, treibt das vorbeifließende Wasser die Schaufeln an, so werden bis zu vier Kilowatt Strom erzeugt. Der Vorteil: Die Technik lässt sich flexibel einsetzen. Weil weder Wasserleitungen noch Uferbefestigungen oder Stauanlagen nötig sind, ist sie schonender für die Umwelt.

Ähnliche Entwicklungen sind in Flüsse gehängte Kleinstturbinen wie die Smart-Hydro-Power-Turbin und Strombojen von Aqua Libre. In ihnen dreht sich ein Rotor und treibt einen Generator an. Der österreichische Stromversorger EVN kann sich sogar vorstellen, bis 2020 mit bis zu 500 Strombojen in der Wachau zwei Terawattstunden Strom im Jahr zu erzeugen.

Sogar das antike Prinzip einer umgekehrt laufenden Archimedischen Schraube – angetrieben von herabströmendem Wasser – gewinnt als Wasserkraftschnecke immer mehr Verbreitung. Weltweit sollen bald 300 Anlagen laufen. So etwa die kürzlich von der Rhein-Main-Donau AG installierte oder die 100-kW-Wasserschnecke, die die Warburger Brauerei zu ihrer existierenden Wasserkraftversorgung von 170 kW hinzubaute.

"Es tut sich also einiges im Bereich Kleinwasserkraft", betont Boris Lehmann. Weniger glück-lich über die Entwicklung sind allerdings die Naturschützer. Sie werfen der Technologie vor, einen zu großen Schaden in den Gewässern anzurichten – ohne im Gegenzug einen nennenswerten Anteil an der Energieversorgung zu liefern. Um die Umwelteinwirkungen gering zu halten, müssen die Betreiber Ausgleichsmaßnahmen durchführen: Dazu gehören Fischschutzeinrichtungen für den Auf- oder Abstieg der Tiere oder eine Höchstmenge, die für die Turbine abgezweigt werden darf.

Diese Regelungen machen die Kleinwasserkraft allerdings oft unrentabel. "Viele potenzielle Standorte werden daran scheitern, dass wegen der Umweltauflagen zu viel Wasser für Fischaufstiegs- und -Abstiegsanlagen entzogen werden muss", meint Wasserbau-Ingenieur Lehmann. "Damit bleibt nicht genug Triebwasser, um wirtschaftlich zu sein." Ingenieure suchen daher nach Konzepten, bei- des unter einen Hut zu bringen – gleichzeitig naturfreundlich und ertragsreich zu sein.

Am Lehrstuhl für Wasserbau an der TU München haben die Ingenieure Peter Rutschmann und Albert Sepp dazu ein sogenanntes Schachtkraftwerk entwickelt. Ihre Idee: Das fließende Wasser an einem Wehr von oben in einen senkrechten Schacht zu leiten, der im Flussbett verankert ist. Im Schacht durchströmt es eine Turbine und gelangt durch einen waagerechten Schacht wieder nach außen.

Je nach nutzbarer Wassermenge können ein, zwei oder mehr Module nebeneinander in das Flussbett integriert werden. Neuartig ist auch die kompakte Einheit aus Turbine und Generator, die sich ganz ohne Getriebe im Schacht installieren lässt. Bei herkömmlichen Wasserkraftwerken ist der Generator in einem Extra-Gebäude am Ufer untergebracht. Bei Rutschmanns Kompaktvariante steht dort nur ein kleines Häuschen mit der Regelungstechnik. Gebaut werden muss also lediglich im Bereich des Wehrs.

Seit einiger Zeit erproben die Wissenschaftler das Konzept nun in einer 35-kW-Versuchsanlage im Maßstab 1:5 im oberbayerischen Obernach. Sie wollen unter anderem herausfinden, was diese Form der Wasserkraft für Fische bedeutet. Das Bayerische Ministerium für Umwelt wollte von den Wasserbauern etwa wissen, ob Fische, die kleiner als 20 Zentimeter sind, Schaden nehmen könnten. Denn sie passen durch die Stäbe des Rechens, der die Turbine vor Treibholz und Steinen schützt.

"Und zuletzt machten wir sogar noch Tests mit Fischen von fünf bis zehn Zentimeter Länge", sagt Rutschmann. Nach drei Jahren war klar: Die Gefahr für Fische und andere Wasserorganismen, in die Turbine gezogen oder gegen den Rechen gepresst zu werden, ist sehr gering. Denn das Wasser wird nicht komplett in den Schacht geleitet, sondern fließt teilweise über den Schacht hinweg und hinter der Turbine wieder in den Fluss. Die Fische folgen diesem Weg und geraten nicht in Gefahr.

Rutschmann betont: "Unser Konzept ist eines der am intensivsten untersuchten Kraftwerkskonzepte weltweit." Wirtschaftlich soll es ebenfalls sein. Als Baumaterial dient Fer-tigbeton, die Kleinturbinen sind standardisiert und günstig zu fertigen. Die Baukosten lassen sich so laut Rutschmann verglichen mit normalen Wasserkraftwerken deutlich reduzieren.

Verwendung finden könnte die Technik zuerst in Bayern. Dort soll der Anteil der Wasserkraft am Strombedarf um zwei Prozent auf etwa 17 Prozent steigen. Die Entwicklungen wie jene der TU München könnten etwa ein Drittel dieses Anstiegs liefern – und zwar jenen Teil, der auf Neubauten zurückgeht. Momentan stockt der Ausbau jedoch. Eigentlich war das erste Pilot-Schachtkraftwerk in voller Größe bereits fest eingeplant. Es sollte an der Loisach bei Großweil liegen "und 2,4 Millionen Kilowattstunden im Jahr liefern", erläutert Rutschmanns Kollege Albert Sepp. Lokalpolitiker und Energieversorger waren als Partner bereits an Bord, die Genehmigung war erteilt. Nun jedoch liegt die Pilotanlage auf Eis.

Der Bund Naturschutz und der Landesfischereiverband hatten Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht eingereicht. Das Projekt liege in einem geschützten Flora-Fauna-Habitat, zudem sei der Eingriff in die Landschaft zu umfangreich. Die Forscher sehen den Konflikt erstaunlich gelassen. Es mag auch daran liegen, dass ihr Konzept inzwischen auch im Ausland von Nordamerika bis Asien auf reges Interesse stößt.

Dort sieht Rutschmann ohnehin die große Zukunft der Kleinwasserkraft. Vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern "wird ein gewaltiger Zubau von Wasserkraft unweigerlich kommen". Denn in vielen Gebieten der Erde fehlt ein flächendeckendes Stromnetz. Flüsse aber gibt es oft genug.



Tom Sperlich, in: Technology Review 08/2015

 

Lesen Sie hierzu auch: Wasserwirbelkraftwerk: Nachfolger in der Schweiz aus der Rubrik Projekte.

 

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