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Die Strohballenhäuser des Architekten Werner Schmidt
(20.07.2009) Angenommen, Sie wollen ein Haus bauen, das keine Heizung braucht, mit Baumaterial aus der Umgebung, billig, schnell und solide, worauf fällt Ihre Wahl? Unser Vorschlag: Strohballen. Der Schweizer Architekt Werner Schmidt ist ein Spezialist auf diesem Gebiet.
Mit Strohballen lassen sich mehrgeschossige Häuser bauen, die keine Heizung brauchen und in Bau- wie Abbruchphase sehr umweltschonend sind.
Die entscheidende Inspiration kam aus den USA: Hier gibt es zahlreiche verputzte Strohballenbauten, die seit über hundert Jahren allen Unwettern trotzen. Vorbild waren Bauten von Siedlern in Nebraska, welche auf völlig baumloses Weideland trafen, jedoch über eine pferdebetriebene Strohballenpresse verfügten und bald aus Strohballen ihre ersten Häuser aufschichteten.
Bevor er zum ersten Strohballen-Hausbau schritt, veranlasste Werner Schmidt eingehende Belastungstests. Dabei erwies es sich, dass die Strohballen verhältnismässig viel Last aushielten und vor allem mit einer linearen Verformung reagierten. Auch beim Brandschutz ergaben sich sehr befriedigende Werte, so ergab sich für eine Wand aus 50 cm Strohballenbau beidseitig verputzt ein Wert von F90, also 90 Minuten Standfestigkeit, was fast 20 cm Beton entspricht. Im Grunde genommen ist es wie beim Telefonbuch, das sich auch nur Seite für Seite entflammen lässt, kaum jedoch als kompakte Einheit.
© W. Schmidt
Haus Braun, CH-Disentis, 2002
Beim vor acht Jahren in Disentis realisierten Ferienhaus ist speziell, dass es zweigeschossig lassttragend gebaut wurde, was bedeutet, dass das ganze Gewicht, inklusive der hohen Schneelast im Winter, von den Strohballen getragen wird. Dies hat den Vorteil, dass sich das Stroh in den ersten ein bis zwei Monaten verdichtet, das Haus setzt sich also um fünf bis zehn Zentimeter, und es enstehen keine Wärmebrücken durch Dämmungslücken unterhalb der Geschossdecken, wie dies sonst oft der Fall ist.
Wie ist es nun möglich, dass ein Haus auch im tiefsten Winter auf über 1000 m ü. M. keine Heizung benötigt? Ganz einfach: Die Wärmeenergie, die durch Kochen, Waschen, Licht, Personen (jeder gibt 60-80 Watt ab) sowie die einfallende Sonne ensteht, bleibt durch die hervorragende Dämmung im Gebäude drin. Schattenspendende Vordächer auf der Südseite vermeiden direkte Sonneneinstrahlung im Sommer, hindern aber nicht die tiefstehende Wintersonne an ihrer Mithilfe zum Heizen des Gebäudes. Und auch wenn sich wochenlang niemand im Gebäude befindet, es handelt sich ja um ein Ferienhaus, sinkt die Temperatur nie unter 16 Grad.
Der Bauherr wurde vom Architekten darauf vorbereitet, dass es aufgrund der Setzungen der Strohballen-Wände voraussichtlich Risse im Putz geben könnte. Trotz akribischer Kontrollen konnte er jedoch bisher keine solchen feststellen.
© W. Schmidt
Ferienwohneinheiten Esser-Unterholzner, I-Lana, 2006
Bei Meran im Südtirol baute Architekt Schmidt in Zusammenarbeit mit der Architektin Margareth Schwarz eine wunderschöne Anlage für Ferien auf dem Bauernhof. Die Strohballenwände sind in Bögen angelegt, die sich nach Süden jeweils zu einem 42 Quadratmeter grossen Innenraum öffnen. Darüber wurde zur sommerlichen Beschattung eine 40 Meter lange Weinreben-Pergola konstruiert.
© W. Schmidt
Ferienwohnungen und Atelier Richard Fliri, I-Graun, 2007
Ein anderes Haus auf dem Reschenpass ist sogar dreigeschossig und liegt auf 1900 m ü M. Um Lasten und Setzungen optimal in den Griff zu bekommen, wurde das Gebäude axialsymmetrisch angelegt, mit einer Lastabtragung über die vier identisch dimensionierte Ecken. Auch hier wird jedes Geschoss durch einen Bretterkranz abgeschlossen, der flächig auf die Strohballen gelegt wird und jeweils das Auflager für Geschossdecke oder Dach bildet. Auch hier wurde aussen mit Kalk und innen mit Lehm verputzt, und dieses Gebäude wurde ebenso in kürzester Zeit fertiggestellt. Der Bauvorgang war Thema einer Sendung mit der Maus:
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In den letzten hundert Jahren entstand schleichend eine riesige Abhängigkeit des Wohnens von externen Systemen: Öl und Gas werden oft von der anderen Seite des Erdballs her geholt, die Elektrizität liefern internationale Konzerne, Wasser und Abwasser werden durch kilometerweite Netze gepumpt. Werner Schmidts Zielsetzung ist 'die Realisation eines vollständig Energie- und Wasserhaushalts-autarken Wohnhauses, das zu Marktpreisen erhältlich und mit üblichem Wohnkomfort ausgestattet ist'.
Aktuelle Projekte sind: KTI-Forschungsprojekt "autarkes Wohnen", Lasttragendes Strohballenhaus (2Geschosse, 4Wohnungen) I-Mühlbach, Feriensiedlung Esser-Unterholzner in lasttragender Strohballenbauweise (4Häuser) in I-Lana, lasttragendes Strohballen-Passivhaus in CH-9475 Sevelen, Kloster Disentis Sanierung Sulserbau, Gebäudeerweiterung EFH-Bigliel in CH-Disentis (Holzkonstruktion mit Isolation aus Strohballen).
Werner Schmidt schloss 1972 eine Maurerlehre ab, diplomierte 1978 an der Ing.-Schule Winterthur als Dipl. Arch. HTL und schloss 1989 ein siebenjähriges Studium an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien mit Diplom ab. Seit 1989 betreibt er sein eigenes Architektur- und Designatelier in Trun/GR.
ATELIER WERNER SCHMIDT
Areal Fabrica 117
7166 TRUN SCHWEIZ
TEL.: 0041 (0)81 943 25 28/31
Website des Ateliers Werner Schmidt mit weiteren Projektbildern, Videos von Bauvorgängen und zahlreichen Informationen.
Lesen Sie hierzu auch: Nutzhanf aus der Rubrik Wissen.
Der Strohballenbau - Ein Konstruktionshandbuch: Die Autoren zeigen konkret und praxisnah Konstruktionen und Ausführungsdetails, mit Hinweisen zur Oberflächenbehandlung der Wandflächen, konkreten Anleitungen für den Bauprozess und Beschreibungen vieler bereits realisierter Beispiele. » Kopp-Verlag
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